Nach langjährigen intensiven Bemühungen ist es der KFZ- Innung "Oberlausitz" gelungen, ein Sicherheitsforum unter Schirmherrschaft des sächsischen Innenministers, Markus Ulbig, zu etablieren. Die Auftaktveranstaltung fand am 09.01.2012 im Kulturzentrum Johanniskirche zu Löbau statt. Da unser Geschäftsführer, der gleichzeitig Obermeister der KFZ- Innung mit rund 200 Betrieben ist, im Vorfeld und an diesem Tag viele Interviews gegeben hat, wollen wir gleich in dieser Form weitermachen (F= Frage, A= Antwort):
F: "Herr Henkel, wie schätzen Sie die Auftaktveranstaltung ein?"
A: "Ich bin mehr als zufrieden. Mit der Veranstaltung und den Ergebnissen wurden unsere besten Erwartungen übertroffen."
F: "Inwiefern?"
A:"Das begann schon damit, dass so hochkarätige Politiker wie der Innenminister, der Landespolizeipräsident, der Polizeipräsident der Bundespolizei und der Polizeipräsident der Polizeidirektion (PD) Oberlausitz- Niederschlesien ihre zahlreichen anderweitigen Verpflichtungen dieser Veranstaltung untergeordnet haben und zu uns nach Löbau gekommen sind. Zusammen mit weiteren hochrangigen Gästen aus der Politik- hier seien nur die Oberbürgermeister von Löbau und Görlitz sowie Landtagsabgeordnete und Vertreter der oberlausitzer Kommunen genannt- und ebenso hochrangigen Vertretern der Wirtschaft- exemplarisch seien hier der Präsident der Handwerkskammer sowie der Präsident des Landesverbandes des KFZ- Gewerbes erwähnt- wurde ein konstruktiver Dialog mit Unternehmern und Bürgern aus der Region geführt. Und dabei wurde Klartext geredet!"
F:"Was heißt das konkret?"
A:"Nun, viele werden nur Worthülsen erwartet haben. Stattdessen gaben die Podiumsteilnehmer einen detaillierten Einblick in die Arbeit der Sicherheitsbehörden und stellten sich ohne auszuweichen den Fragen aus dem Publikum. So wurde der Polizeiabbau bis 2020 mit seinen Folgen dargestellt. In diesem Zusammenhang konnten die größten Befürchtungen zerstreut werden- die schon jetzt hohe Polizeipräsenz wird von diesen Sparmaßnahmen nicht betroffen sein. Beeindruckend war für mich besonders, dass jemand von so großer politischer Bedeutung wie der Polizeipräsident zugab, dass die Aufklärungsrate von Straftaten noch weit unter den selbst gesteckten Zielen liegt oder die Zusammenarbeit mit anderen Ressorts noch deutliche Defizite aufweist. An diesen Stellen werden wir ansetzen und z.B. mit Hilfe des Kriminalitätsatlas´ ganz konkret prüfen, ob die zugesagten Maßnahmen tatsächlich den gewünschten Erfolg haben. Mit den Ressorts, die die Sicherheitsmaßnahmen derzeit noch zu behindern scheinen, werden wir jetzt Kontakt aufnehmen und hoffen, auch mit diesen einen so offenen Dialog führen zu können."
F:"Dialog bedeutet doch aber auch, dass man die Position des anderen versteht, einmal den Standpunkt des anderen einnehmen kann."
A:"Genau das wird bei unserem Sicherheitsforum ermöglicht. Und es ist beileibe nicht so, dass wir nur die Politik in die Pflicht nehmen. Wir sind ebenso bereit, Verantwortung zu übernehmen und unseren Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit zu leisten- jeder Einzelne, ob Unternehmen oder Privatperson hat Möglichkeiten dazu. Es war uns aber auch wichtig, die Gratwanderung zwischen Jedermannsrecht und Sebstüberschätzung zu zeigen. Der Landespolizeipräsident machte eindringlich deutlich, dass selbst Beamte, die für Konfrontationen ausgebildet sind, oft verletzt werden. Hier warnte er eindringlich, dass besonders die Männer das Gefahrpotential oft unterschätzen. Auch wenn die sog. Bürgerwehren noch nicht der Weisheit letzter Schluss sind, kann eine mögliche Lösung z.B. in einer engeren Vernetzung der Bevölkerung mit den Bürgerpolizisten liegen."
F:"Sie sprachen davon, dass auch Vertreter der Kommunen anwesend waren. Was gibt es da noch für Möglichkeiten?"
A:"Ganz gezielt habe ich nach dem Wortlaut des Schengener Abkommens gefragt. Das besagt nach den Worten des Präsidenten der Bundespolizei zwar, dass ein ungehinderter Grenzübertritt möglich sein muss. Übertritt bedeutet aber nicht Überfahrt. Deshalb ist es vollkommen legitim, die sogenanten "Grünen Grenzen" für die Durchfahrt mit Kraftfahrzeugen unpassierbar zu machen. Auf diese Weise könnte der KFZ- Diebstahl oder das Verbringen von Diebesgut über diese Grenzabschnitte deutlich erschwert werden. Die Verantwortung für diese Hindernisse an den "Grünen Grenzen" liegt aber bei den Kommunen. Der Präsident der Handwerkskammer Dresden, Herr Dittrich, sagte den Kommunen aber umfassende und größtenteils kostenlose Unterstützung durch die Handwerksbetriebe zu. So stellen wir uns übergreifende Zusammenarbeit vor."
F:"Das hört sich tatsächlich alles nicht nach Blabla an."
A:"Das ist es auch nicht. Genau diese Offenheit und Kooperationsbereitschaft unterscheidet unser Sicherheitsforum von anderen rein politischen Veranstaltungen. Es ist doch niemandem geholfen, wenn nur um des lieben Friedens willen Zusagen gemacht werden, die nicht eingehalten werden können. Wir alle sind für diese Region verantwortlich."
F:"Im Eingangsstatement betonten Sie, keinerlei Ausländerhass schüren zu wollen. Wäre es nicht trotzdem besser, das Schengener Abkommen rückgängig zu machen und die Grenzen wieder zu schließen?"
A:"Ich bin davon überzeugt, dass das nicht das richtige Signal wäre und außerdem nicht praktikabel ist. Zum Einen sind es doch nicht nur ausländische Straftäter, die hier und im weiteren Landesinneren agieren. Ein guter Teil der Straftaten wird von deutschen Staatsbürgern begangen. Außerdem sind doch die meisten Polen oder Tschechen ehrliche und arbeitsame Nachbarn. Es tut weh, wenn alle über einen Kamm geschoren werden. Das ist dasselbe, als wenn alle Deutschen als Nazis beschimpft werden. Schon die jetzige Großelterngeneration war doch damals noch gar nicht auf der Welt- wie könnten die dann Nazis sein? Und so schämen sich diese ehrlichen Polen und Tschechen genauso für ihre kriminellen Landsleute, wie wir uns von kriminellen Aktionen der Neonazis distanzieren. Außerdem zählen wir seit der Grenzöffnung viele polnische und tschechische Bürger und Unternehmen zu unseren geschätzten Kunden und Geschäftspartnern. Und die Freizügigkeit, mal schnell nach Österreich durch Tschechien zu fahren, ohne Stunden an der Grenze anstehen zu müssen, nutzt doch auch jeder gerne. Oder die Möglichkeit, erheblich günstiger im Ausland zu tanken. Diese Vorzüge werden oft vergessen."
F:"Herr Henkel, warum engagieren gerade Sie sich so für Ihre Region?"
A:"Weil es unsere Heimat ist und wir für sie mit verantwortlich sind. Wir leben von der Region, genauso wie die Region von uns lebt. Allein in unseren Innungsbetrieben werden mehr als 2.500 Oberlausitzer beschäftigt, die eben nicht zum Pendeln gezwungen oder gar arbeitslos sind. Wenn Unternehmen hier aufgeben müssen, weil sie beispielsweise nicht mehr versichert werden, dann betrifft das eben nicht nur den Chef, sondern gleich mal 10, 20 oder auch 70 Familien von Arbeitnehmern, die ihre Existenzgrundlage verlieren.
Die Folge sind Abwanderung, Bevölkerungsrückgang und für weitere Unternehmen eine sinkende Attraktivität, in der Oberlausitz zu investieren. Das vollkommen falsche Signal stellte in dieser Situation der Personalabbau bei Bundes- und Landespolizei dar. In Verbindung mit unzureichender Ausrüstung wird diese Abwärtsspirale nur weiter beschleunigt, als ihr entgegengewirkt.
Ein Großteil der zweifellos bestehenden Probleme muss politisch gelöst werden, bevor die Bevölkerung hierzulande keinen anderen Ausweg mehr sieht, als zur Selbstjustiz zu greifen. Das können und wollen wir nicht riskieren! Die Oberlausitz soll eine lebenswerte Region in Deutschland, in Sachsen bleiben und mit ihren Vorzügen, nicht mit ihrer Kriminalität, werben und wahrgenommen werden."
F:"Also ist dieses Sicherheistforum nicht nur für Besitzer von Autohäusern gedacht?"
A:"Natürlich nicht. Schon die gerade aufgezeigte Vernetzung zeigt doch, wie sehr die Autohäuser und hiesige Bevölkerung und Unternehmen voneinander abhängig sind. Und selbst diejenigen, die nicht direkt mit den Innungsbetrieben zu tun haben, sind betroffen. Schließlich hat jeder Bürger einmal im Jahr Post von seiner Versicherung im Briefkasten. Eine hohe Quote bei Hausrat- oder Fahrzeugschäden führt zu steigenden Versicherungsbeiträgen bei allen- selbst bei denen, die vollkommen schadensfrei durch das Jahr gekommen sind."
F:"Zusammengefasst ist dieses Sicherheitsforum also etwas ganz Besonderes."
A:"Es ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Und zwar, weil
- …mir zumindest keine politische Veranstaltung bekannt ist, in der sich so hochrangige Persönlichkeiten bei einem so brisanten Thema der Diskussion mit der Bevölkerung stellen.
- …es die Möglichkeit bietet, verschiedene Positionen von Politik, Wirtschaft und Bevölkerung in so kompakter Form kennenzulernen und sich in die Lage des jeweils anderen zu versetzen.
- …wir hier nicht mit dem Finger auf andere zeigen wollen, sondern die Verantwortung und Möglichkeiten jedes Beteiligten aufgezeigt werden sollen.
- …wir hier konkrete Ziele und Termine vereinbaren wollen, so dass dieses Forum messbare Veränderungen bewirken kann."
F:"Sahen das die Gäste genauso?"
A:"Zweifellos. Ich hatte im Vorfeld schon einige Bedenken, ob wir die notwendige Disziplin während der Veranstaltung im Saal haben werden. Aber die waren vollkommen unbegründet. Obwohl es ein hoch emotionales Thema ist, wurden die Wortbeiträge sachlich vorgetragen, es gab keinerlei Zwischenrufe, alle konnten ausreden. Die Meinungen des jeweils anderen wurden respektiert, es herrschte eine hoch konzentrierte Stimmung bis zur letzten Minute- einfach grandios. Auch an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmer."
F:"Also wirklich eine rundum gelungene Veranstaltung?"
A:"Ja, absolut."
F:"Wann wird das nächste Sicherheitsforum der KFZ- Innung "Oberlausitz" stattfinden?
A:"Wir gehen jetzt in die Vorbereitung der nächsten Veranstaltung und werden Ort und Zeit rechtzeitig hier bekanntgeben."
F:"Also darf dann jeder kommen, den es interessiert?"
A:"Wir freuen uns über jeden Teilnehmer, der mit Erfahrungen und praktikablen Lösungsansätzen zum Gelingen dieser Veranstaltung beiträgt."
F:"Wir danken für dieses Gespräch und wünschen dem nächsten Sicherheitsforum viel Erfolg."
Hier einige Impressionen der Veranstaltung (bitte klicken)
Und hier der Artikel aus dem "Wochenkurier" vom 18.01.2012:
Polizei im Einsatz und was macht die Justiz?!
Autodiebstähle – derzeit ein Brenpunkt-Thema in der gesamten Oberlausitz.
16.01.2012
Löbau. Ein Minister und drei Präsidenten diskutieren im „Sicherheitsforum Oberlausitz“ mit.
Einen Dank kann sich die Kfz-Handwerksinnung „Oberlausitz“ schon jetzt an ihre Fahne heften: Das von ihr initiierte „Sicherheitsforum Oberlausitz“ schafft der Diskussion über die Sicherheit in der Region eine neue Plattform.
Zur Auftaktveranstaltung stellten sich neben Sachsens Innenminister Markus Ulbig auch die maßgeblichen drei Polizeipräsidenten – Bernd Merbitz von der Landespolizei, Wieland Mozdzynski von der Bundespolizeidirektion Pirna und Conny Stiehl als Chef der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien – den über 80 regionalen Unternehmern und Politikern im Saal. Vor allem die regionalen Autohändler wollten endlich wissen, wie man denn gedenke, dem zumeist bandenmäßig organisierten Fahrzeugklau endlich Einhalt zu gebieten.
Den meisten Zuhörern war aber auch schon vorher klar, dass Minister Markus Ulbig keine grundlegenden Neuigkeiten in Sachen Sicherheit mit nach Löbau bringen würde und dennoch…
Was er und die Polizeipräsidenten in ihren Statements zur regionalen Sicherheit zu sagen hatten, beruhigte zwar dann die Gemüter im Saal nicht, schuf aber immerhin eine Basis für die anschließende Diskussion.
So erläuterte der Präsident der Bundespolizei Pirna nicht ohne Stirnrunzeln unter anderem, wie seine Leute in ihrer Kontrolltätigkeit strengen europäischen Regularien unterworfen sind. „Kontrollen sind nur im Rahmen von Stichproben möglich, nicht mehr.“ Eine EU-Kommission wolle deren strikte Einhaltung demnächst auch kontrollieren. Mit etwa 60 Streifen ist die Bundespolizei jeden Tag in der Region unterwegs, die enge Zusammenarbeit mit der Landespolizei bewähre sich.
Das will Conny Stiehl, der neue Görlitzer Polizeipräsident, um dessen unmittelbaren Zuständigkeitsbereich es ja im Sicherheitsforum geht, gern bestätigen. Vor allem die gemeinsamen Kontrollen an der Autobahn A 4 sprechen dafür.
Überhaupt vermittelte der Wahlgörlitzer an diesem Abend den Zuhörern im Saal mit seinem direkten Auftreten einigen Optimismus. Sein erklärtes Bemühen, möglichst an allen Orten in irgendeiner Form mit seinen Beamten präsent zu sein und deren Dienstverrichtung verstärkt bedarfsorientiert zu gestalten, hinterlässt Eindruck. Ebenso wie die indirekte Empfehlung des Innenministers an die Organisatoren, doch zu einem der nächsten Sicherheitsforen den sächsischen Justizminister einzuladen.
Der könnte dann in der Runde erläutern, warum es immer wieder vorkommt, dass von der Polizei zum Teil wiederholt gestellte offensichtliche Straftäter, von Richtern nicht in Haft genommen, sondern ganz schnell wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Der Innenminister konnte dazu jedenfalls keine Auskunft geben… (kus)